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Flutschutz vergessen – Makler haftet wegen fehlerhafter Vertragsbetreuung
Flutschutz vergessen – Makler haftet wegen fehlerhafter Vertragsbetreuung
Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma hatten es verabsäumt, sogenannte Fluttore zu schließen, woraufhin beim Kunden ein Schaden in Millionenhöhe entstand. Das Landgericht Hamburg stellte eine Pflichtverletzung des Maklers bei der Betreuung des Versicherungsvertrages fest und verurteilte ihn zum Schadensersatz.
Das Gute gleich zu Beginn: Das LG spricht ein für Versicherungsmakler grundsätzlich erfreuliches Urteil, denn es bestätigt und definiert ein weiteres Mal den Umfang der Betreuungspflichten für selbst vermittelte sowie übernommene Versicherungsverträge.
Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt ist eine klassische Alltagsituation, die jedem Makler täglich begegnen kann.
Von einem Makler wird ein Gewerbekunde nebst Vertragsbestand übernommen. Der Makler prüft das bestehende Risiko und passt den Versicherungsschutz an.
Im September 2016 informiert der Kunde darüber, neue Aufträge in seiner Branche annehmen zu wollen und bittet um Information zum bestehenden Deckungsumfang.
Daraufhin stellt der Makler eine Deckungslücke im Bereich Überschwemmungsschäden fest. Darüber informiert der Makler nach seiner Darstellung den Kunden zunächst fernmündlich. Im Weiteren findet eine Kundenberatung statt und der Makler sendet ein Angebot zur Schließung der Deckungslücke.
Eigentlich alles gut, so könnte man meinen.
Aber der Fall spielt in Hamburg, wo im Dezember die Flut kam. Es entstand ein Millionenschaden, da die Fluttore von Mitarbeitern des Kunden nicht geschlossen wurden. Und über dem Makler ist ein unvorstellbares Haftungsgewitter niedergegangen.
Bei Übernahme eines bestehenden Vertrages in die Maklerbetreuung sind zumindest drei Aufgaben zu erfüllen.
Es ist allgemein bekannt, dass der Makler auch nach der Vertragsvermittlung Betreuungspflichten gegenüber seinem Kunden hat. Diese richten sich grundsätzlich danach, aus welcher Sphäre die Erkenntnisse stammen.
Dabei sind insbesondere markt- und produktbezogene Kenntnisse immer dem Makler zuzuordnen.
Anders verhält es sich jedoch mit Kenntnissen, welche aus der Sphäre des Kunden stammen. Hierzu gehören beispielweise familiäre- oder berufliche Veränderungen und im gewerblichen Bereich eben auch Erweiterungen des Tätigkeitsfeldes bzw. Übernahme neuer Risiken.
Diese Obliegenheit des Kunden sollte auch im Maklervertrag verankert werden, denn der Makler kann erst tätig werden, wenn er die Informationen vom Kunden erhält.
Im Fall des Landgerichtes hat der Kunde den Makler über Veränderungen im Bereich seiner Tätigkeit informiert, und dann hat ein Makler sofort zu handeln.
Der Makler ist nach seiner Aussage auch tätig geworden, hat seinen Kunden fernmündlich über die entstandene Deckslücke informiert, ihn zudem persönlich zur Deckungserweiterung beraten und ihm ein diesbezügliches Angebot gesendet.
Nach Darstellung des Maklers hat er also seine Pflicht erfüllt - allerdings konnte er das nicht beweisen. Der Mitarbeiter des Maklers konnte sich zwar an das entscheidende Telefonat mit dem Kunden gut erinnern, was das Gericht aber für wenig glaubhaft hielt, da das Telefonat schon länger als fünf Jahre zurücklag.
Andererseits hielt das Gericht die Aussage der ehemaligen Mitarbeiterin des Kunden für überzeugend. Diese konnte sich allerdings an das Gespräch gar nicht mehr erinnern, aber war sich dennoch ganz sicher, dass kein Hinweis auf die fehlende Deckung des Risikos durch den Makler erfolgt sei.
Diese „vernünftigen Zweifel“, so das Gericht, haben ausgereicht, den Makler zur Haftung zu verurteilen.
Der Anspruch gegen den Makler auf Schadensersatz ist sehr weitreichend, denn der Kunde ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn ausreichend Versicherungsschutz bestanden hätte. In diesem Sinne hat das Landgericht den Makler verurteilt, Schadensersatz in der Höhe zu zahlen, in welcher die nicht abgeschlossene Versicherung geleistet hätte.
Im Ergebnis hat der Makler einen, wenngleich entscheidenden Fehler gemacht. Er hat die Kundeninformationen nicht dokumentiert. Der schriftliche Hinweis gegenüber dem Kunden, dass dieser auf Deckungslücken hingewiesen wurde, Angebote abgelehnt hat oder auch Beratungsgespräche nicht wünscht, kann den Makler vor Haftung schützen.
Auf diese Weise wird das tatsächliche Verhalten des Kunden dokumentiert, was dann auch „vernünftigen Zweifeln“ eines Gerichtes schweigen gebietet - und der Makler ist zwar nicht auf hoher See, aber doch vor Gericht in sicherer Hand.
Lutz Harbig
Harbig Rechtsanwälte
Lösungen im Vertriebsrecht
Hauptstraße 304
04416 Markleeberg
Tel: 034299/79288-0
E-Mail: kanzlei@ra-harbig.de
http://www.ra-harbig.de
Wenn der Vermittler den Versicherer wechseln will - Teil 1
Wenn der Vermittler den Versicherer wechseln will - Teil 1
Die Unzufriedenheit der Einfirmenvertreter mit ihrem Vertragspartner schwankt von Versicherer zu Versicherer, ist aber tendenziell steigend. Berücksichtigt man in dieser Vertriebsgruppe die Altersstruktur (rund ein Drittel der Vermittler sind 55 Jahre und älter), kann angenommen werden, dass sich die Wechselbereitschaft eher auf die anderen Altersgruppen verteilt. Das würde aktuell bedeuten, dass sich ca. 18,9% der Einfirmenvertreter (unter 55 Jahre) hin und wieder mit der Frage „Sollte ich den Vertragspartner wechseln?“ beschäftigen. In unserem Beratungsalltag
spiegelt sich diese Tendenz in den Anfragen und Diskussionen auf den Veranstaltungen wieder.
Die Ursachen waren früher einfacher Natur und leicht überschaubar. In der Regel ging es um höhere Bestände oder um höhere Provisionen. Heute hat sich die Situation grundlegend verändert.
Erfolgreiche Vermittlerbetriebe kommen immer weniger mit den zahlreichen Veränderungen klar. Da ihre Vertragspartner vollkommen andere Geschäftspraktiken, als gewohnt, an den Tag legen, ist ein kontinuierliches Arbeiten schwer möglich. Der Betreuungs- und Unterstützungsapparat wird immer mehr ausgedünnt; von der Qualität ganz zu schweigen. Die Erreichbarkeit des Innendienstes ist für Kunden und Vermittler oftmals zum Hindernislauf geworden. Viele Versicherer verlagern Tätigkeiten in die Agenturen, die sie früher einmal selbst geleistet haben. Der Druck auf die Provisionen und Kosten nimmt zu. Zunehmend steigen die Anforderungen an die Produktionserwartungen, obwohl der 23. Februar 2018 (IDD) hier eine Veränderung bei den Vertragspartnern hätte erwarten lassen können.
Wie kann ich mich als Vermittler aus dieser Situation befreien?
Schnell liegen vermeintliche Antworten auf dem Tisch. Ist die erstbeste Variante aber auch die
richtige Lösung für mein Unternehmen? Nein, sollte – dem Vorsichtsprinzip folgend – die Antwort für meinen Vermittlerbetrieb lauten. Der zielführende Ansatz liegt in einer sorgfältigen Bestandsaufnahme und der gründlichen Überprüfung der Möglichkeiten im Markt. Der Wechsel zu einem anderen Versicherer ist die eine Alternative. Der Wechsel vom Ausschließlichkeitsvertreter zum Makler ist die andere Alternative. Beide Möglichkeiten bieten ihre spezifischen Vorteile, haben aber auch ihre Nachteile. Deshalb ist eine genaue Überprüfung und Abwägung der Vor- und Nachteile das Gebot der Stunde.
Obwohl nur knapp ein Viertel der wechselbereiten Einfirmenvertreter innerhalb des Vertriebs- weges wechseln wollen, beschäftigen wir uns in diesem Teil aus guten Grund zunächst mit der ersten Alternative.
Die alles entscheidende Frage lässt sich kaum rational beantworten. Nämlich die Frage: „Komme ich mit meinem Wechsel nicht vom Regen in die Traufe“. Wenn nicht vielleicht morgen, dann übermorgen oder noch später. Deshalb braucht es viele Annahmen und Analysen. Die ersten Fragen müssen lauten:
- Passen meine Kunden und deren Bedarfe zum möglichen Vertriebspartner?
- Wird die Unterstützung durch den Innen- und Außendienst unseren Anforderungen gerecht?
- Welche Möglichkeiten bietet der potentielle Vertragspartner, um unsere anfänglichen Kunden- und Bestandsverluste wieder aufzufangen?
- Können wir mit unseren gewohnten Beratungs- und Betreuungsprozessen die Herausforderungen meistern?
- Welche Perspektiven bieten sich meinem Vermittlerbetrieb zum Status quo?
Der zweite Fragenkatalog muss Klarheit darüber schaffen, was ich denn dem künftigen Vertragspartner bieten kann:
- Wie sind die Schadensquoten der letzten drei bis fünf Jahre?
- Seit wann betreue ich den Kundenbestand?
- Wieviel Prozent meiner Kunden sind Ein-, Zwei-, Drei-, Vier- und Mehrvertragskunden?
- Wie ist die Infrastruktur meines Unternehmens und die Qualität meines Personals?
- Wieviel Prozent meines Kompositbestandes werde ich innerhalb der nächsten drei Jahre umdecken können?
Wie den richtigen Versicherer finden?
Wenn ich zu den vorherigen Fragen die Antworten kenne, kann ich den nächsten Schritt machen und den Markt sondieren. Allerdings ist dieser nicht sehr groß. Haben sich doch etliche Versicherer im Thema Umdeckermodell „blutige Nasen“ geholt. Überwiegend aus eigener Inkompetenz, weil dies nicht richtig und professionell angegangen wurde. Es gibt aber noch ca. acht bis zehn Versicherer (je nach Sichtweise), die eine große Erfahrung in der Vergangenheit aufgebaut haben. Bei diesen kann man sicher sein, dass dies auch noch heute zielgerichtet praktiziert wird.
Nun stellt sich die Frage, wie diese ansprechen und dies möglichst diskret. Ehemalige Kollegen zu befragen ist eine Möglichkeit. Hat aber im Sinn der Vertraulichkeit auch seine Gefahren. Die direkte Ansprache ist mangels Kenntnis der möglichen Ansprechpartner auch problematisch. Die relevanten Versicherer können aber von sich aus nicht übermäßig aktiv werden, sondern müssen die Initiativen der wechselbereiten Vermittler abwarten.
Eine in anderen Marktsegmenten praktizierte Maßnahme zur „Partnersuche“ ist die Einschaltung eines unabhängigen Beraters, der alle Möglichkeiten im Markt aus eigener Erfahrung kennt. Dieser kann nicht nur im Vorfeld zur Lösung der oben beschriebenen Aufgaben beitragen, sondern auch diskret den Markt sondieren.
Macht dieser seine Aufgaben gemäß dem Berufsethos der Unternehmensberater professionell, so wird er auch schon parallel mit den wechselbereiten Vermittlern die Alternativen anderer Vertriebswege im Vorfeld prüfen. Mit den Chancen und Risiken vom Einfirmenvertreter zum Makler bzw. Mehrfachagenten werden wir uns in Teil 2 auseinandersetzen.
Hartmut Pfaffinger
Pfaffinger Consulting
Im Schulzehnten 15
65779 Kelkheim
Tel: 01520 9850 437
E-Mail: info@pfaffinger-consulting.de
https://www.pfaffinger-consulting.de
Neufestsetzung der Grundsteuer zum 01.01.2025
Neufestsetzung der Grundsteuer zum 01.01.2025
Neufestsetzung der Grundsteuer zum 01.01.2025 - Bestandserhebungen in 2022
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 10.04.2018 entschieden, dass die Regelungen zur Einheitsbewertung von Grundvermögen, die wiederum Grundlage für die Festsetzung der Grundsteuer darstellt, in den „alten” Bundesländern seit dem Beginn des Jahres 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar sind. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt nach Ansicht des Gerichts zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grund-vermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gibt. Das Gericht forderte den Gesetzgeber daher auf, spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen.
Sobald der Gesetzgeber eine Neuregelung getroffen hat, gelten die beanstandeten Bewertungsregeln noch für weitere fünf Jahre fort, aber nicht länger als bis zum 31. Dezember 2024. Für Kalenderjahre ab 2025 hat das Bundesverfassungsgericht Belastungen mit Grundsteuer allein auf der Basis bestandskräftiger Einheitswert- oder Grundsteuermess-bescheide aus vorangegangenen Jahren ausgeschlossen.
Nachfolgend erhalten Sie eine kurze Erläuterung der Neuregelungen:
Welche Daten müssen an das Finanzamt übermittelt werden?
Welche Daten Eigentümer übermitteln müssen, hängt zunächst von dem Bundesland ab, in dem sie Eigentum besitzen. So wurde als Teil der Grundsteuerreform ein sogenanntes Bundesmodell erstellt, welches die Mehrheit der Bundesländer umsetzt. Saarland und Sachsen weichen lediglich bei der Steuermesszahl ab. Ein individuelles Grundsteuermodell wenden dagegen Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachen an.
Welche Daten im Einzelnen gemeldet werden müssen, steht bislang noch nicht final fest; anbei erhalten Sie daher eine vorläufige Übersicht, wobei bei allen Modellen der Bodenrichtwert (über Gutachterausschüsse durch den Steuerpflichtigen zu erfragen!!) benötigt wird.
1. Bundesmodell
- Grundstücksfläche
- Immobilienart (EFH, ZFH, MFH, etc.)
- Statistische Nettokaltmiete (wird durch das FA auf Basis von Daten des Statistischen Bundsamts ermittelt)
- Gebäudefläche / Wohnfläche (z.B. aus Teilungserklärung, Bauplänen, Versicherungspolicen Kaufvertrag, Grundbuchauszug etc.) gemäß Wohnflächenverordnung
- Gebäudealter (grds. gem. Baujahr, ggfs. abweichend z. B. bei umfangreichen Sanierungen)
- Mietniveaustufe (wird durch das FA auf Basis von Daten des Statistischen Bundsamts ermittelt)
2. Baden-Württemberg
- Grundstücksfläche
- Bodenrichtwert (wird wohl durch die Gemeinden gemeldet werden)
3. Bayern
- Grundstücksfläche
- Gebäudefläche / Wohnfläche (z.B. aus Teilungserklärung, Bauplänen, Versicherungspolicen Kaufvertrag, Grundbuchauszug etc.) gemäß Wohnflächenverordnung
- Immobiliennutzung
4. Hamburg (sog. „Wohnlagemodell“)
- Grundstücksfläche
- Gebäudefläche / Wohnfläche (z.B. aus Teilungserklärung, Bauplänen, Versicherungspolicen Kaufvertrag, Grundbuchauszug etc.) gemäß Wohnflächenverordnung
- Wohnlage (z.B. Grünflächen, Entfernung zu U/S-Bahn, Lärmbelästigung oder Entfernung zum Einzelhandel)
5. Hessen und Niedersachsen
- Grundstücksfläche
- Gebäudefläche / Wohnfläche (z.B. aus Teilungserklärung, Bauplänen, Versicherungspolicen Kaufvertrag, Grundbuchauszug etc.) gemäß Wohnflächenverordnung
- „Lage-Faktor“
Wie und bis wann ist die Erklärung einzureichen?
Die Vorbereitungen in den Landesfinanzministerien laufen bereits auf Hochtouren und die Erhebung der für die Neufestsetzung erforderlichen Daten erfolgt durch eine (grds. elektronischen) Meldepflicht aller Immobilienbesitzer vom 01.07.2022 bis spätestens 31.10.2022.
Wie wird die neue Grundsteuer ermittelt?
Anhand der Daten die Eigentümer einreichen, berechnet das Finanzamt in einem ersten Schritt den Grundsteuerwert und stellt einen Grundsteuerwertbescheid aus. Außerdem berechnet das Finanzamt mit der gesetzliche festgeschriebenen Steuermesszahl den Grundsteuermessbetrag und stellt einen Grundsteuermessbescheid aus. Den Städten und Gemeinden stellt das Finanzamt dann elektronisch die Daten zur Verfügung, welche für die Berechnung der Grundsteuer erforderlich sind. Sie ermitteln dann abschließend die zu zahlende Grundsteuer.
Grundsätzlich ist das Berechnungsprinzip für die Grundsteuer aber bei allen Modellen gleich. Die Formel lautet: Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer.
- Den Grundsteuerwert ermittelt das Finanzamt anhand einer Feststellungserklärung
- Die Steuermesszahl ist gesetzlich festgelegt
- Den Hebesatz legt jede Stadt beziehungsweise Gemeinde selbst fest
Das Bundesfinanzministerium hat zur Berechnung der Grundsteuer ein Beispiel veröffentlicht:
Es nimmt dabei für ein 120-Quadratmeter-Einfamilienhaus einen Grundsteuerwert von EUR 310.100 an. Diese Summe stellt also die Bewertung des Grundvermögens dar, welches in diesem Jahr mit der Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte neu ermittelt werden soll. Multipliziert wird dieser Wert mit der Steuermesszahl. In dem Beispiel rechnet das Bundesfinanzministerium mit 0,034 Prozent. Zum Schluss wird noch der Hebesatz der Gemeinde multipliziert. Im Beispiel des Finanzministeriums sind es 421 %. Das macht eine jährliche Grundsteuer von EUR 443,87.
Da diese Abgabeverpflichtung in der breiten Öffentlichkeit weitgehend (noch) unbekannt ist, möchten wir Sie hiermit auf die gesetzliche Verpflichtung hinweisen und Ihnen in diesem Zusammenhang – als der Steuerberater Ihres Vertrauens – unsere Hilfe bei der Einreichung der Erklärung anbieten. Bitte kontaktieren Sie uns bei Bedarf hierzu rechtzeitig; bestenfalls können wir mit Ihnen zusammen die erforderlichen Informationen und Unterlagen bis zum 01.07.2022 bereits zusammenstellen.
Holger Baumgart
HBRS Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co. KG, Sitz Heidelberg
Praxis-Tipp: Bewirtungsaufwendungen mit handgeschriebenen Rechnungen
Praxis-Tipp: Bewirtungsaufwendungen mit handgeschriebenen Rechnungen
Bewirtungsaufwendungen mit handgeschriebenen Rechnungen
Der Abzug von angemessenen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben erfordert vom Unternehmer einen schriftlichen Nachweis über Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen.
Bei Bewirtung in einem Bewirtungsbetrieb ist zum Nachweis der Rechnung über die Bewirtung beizufügen; dabei genügen auf dem Eigenbeleg, Angaben zum Anlass und zu den Teilnehmern der Bewirtung.
Sie muss nach Auffassung der Finanzverwaltung maschinell erstellt und elektronisch aufgezeichnet sein. Die Rechnung muss auch den Namen des bewirtenden Unternehmens enthalten; dies gilt nicht, wenn der Gesamtbetrag der Rechnung 250 EUR nicht übersteigt. Es bestehen jedoch bei einem Rechnungsbetrag über 250 EUR keine Bedenken, wenn der leistende Unternehmer (Bewirtungsbetrieb) den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen handschriftlichen auf der Rechnung vermerkt.
Was gilt für handschriftlich erstellte Rechnungen?
Rechnungen in anderer Form (Bspw. Handschriftlich erstelle) würden die Nachweisvoraussetzungen jedoch nicht erfüllen; die darin ausgewiesenen Bewirtungsaufwendungen seien vollständig vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.
FG Berlin-Brandenburg: Keine Rechtsgrundlage für Auffassung der Finanzverwaltung
Für diese Auffassung findet das FG Berlin-Brandenburg keine Rechtsgrundlage (Urteil vom 08.11.2021, 16 K 11381/18). Aus dem Gesetzeswortlaut ergäbe sich diese Anforderung nicht. Es sei dort nur von der „Rechnung über die Bewirtung“ die Rede.
Es müssen zwar die umsatzsteuerlichen Voraussetzungen erfüllt sein. Aus dem Gesetz ergibt sich jedoch nicht, dass hingeschriebene Rechnungen nicht anzuerkennen wären; im Umsatzsteuerrecht sind hingeschriebene Rechnungen grade möglich, so das FG.
Auch der Bundesfinanzhof habe in seiner Rechtsprechung die Notwendigkeit einer maschinellen Rechnung nie erwähnt und auch die Gesetzeshistorie spreche dagegen. Daher hat das FG im Rahmen eines Klageverfahrens eine handgeschriebene Rechnung einer Gaststätte mit 70 % als Betriebsausgabe berücksichtigt.
Karsten Pape
PAPE+RAHN PartG mbB Steuerberatungsgesellschaft
Diplom-Finanzwirt Karsten Pape
Steuerberater
Ramskamp 58a 25337 Elmshorn
E-Mail: info@pape-rahn.de
https://www.pape-rahn.de
Zugangsnachweis erforderlich: Elektronische Beratungsdokumentation ist sonst wertlos
Zugangsnachweis erforderlich: Elektronische Beratungsdokumentation ist sonst wertlos
Welche Bedeutung dem Nachweis zukommt, zeigt eine Entscheidung des OLG Karlsruhe. Im Streitfall begehrte der Kunde die Rückzahlung der von ihm auf einen Rürup-Rentenversicherungsvertrag eingezahlten Beiträge wegen fehlerhafter Beratung.
Er warf dem Versicherer vor, vom Vertreter nicht darüber informiert worden zu sein, dass vor Rentenbeginn keine Möglichkeit besteht, das angesparte Kapital ausgezahlt zu erhalten. Der Versicherer hielt dem entgegen, der Vertreter habe bei dem Beratungsgespräch eine Beratungsdokumentation elektronisch erstellt, die dem Kunden am selben Tag in Papierform übersandt worden sei und aus der sich ergebe, dass der Kunde hierüber informiert worden sei.
Dem Vertreter war bekannt, dass sich der Kunde bei Abschluss des Vertrages am Ende eines Privatinsolvenzverfahrens befand und dass er sich gerade selbstständig machte. Das Landgericht hatte die Klage des Kunden abgewiesen. Der 9. Zivilsenat des OLG Karlsruhe verurteilte Versicherer und Vertreter als Gesamtschuldner zur Zahlung des mit der Klage begehrten Schadensersatzbetrags.
Urteilsbegründung
Der Senat ließ sich von folgenden Erwägungen leiten: Fehle die Dokumentation des Beratungsablaufs oder sei sie unvollständig, müsse der Vermittler die Umstände nachweisen, die für die Erfüllung seiner Beratungspflichten maßgeblich sind. Die Dokumentationspflicht gebe Vermittler und Versicherer die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass der Kunde bei einem späteren Streit über den Ablauf der Beratung den Beweis führen muss, dass die Angaben in der Beratungsdokumentation unzutreffend sind. Die Beweislast kehre sich um, wenn eine den Anforderungen des Gesetzes entsprechende Dokumentation fehle oder der Vermittler die Einhaltung der Dokumentationspflicht nicht nachweise.
Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass der Vermittler sich im Streitfall auf die Dokumentation berufen kann, sei die Übermittlung der Beratungsdokumentation vor Übersendung des Versicherungsscheins an den Kunden. Könne der Vermittler nicht nachweisen, dass der Kunde die Beratungsdokumentation vor Vertragsabschluss erhalten hat, sei vom Fehlen einer ordnungsgemäßen Beratungsdokumentation auszugehen.
Dass vor dem vereinbarten Rentenbeginn keine Möglichkeit besteht, eine vorzeitige Auszahlung des angesparten Kapitals zu erhalten, sei bei Abschluss einer Rürup-Rente eine grundlegende und erforderliche Information, über die der Kunde vor Vertragsabschluss in Kenntnis gesetzt werden muss. Hierbei gehe es um eine Besonderheit der gesetzlichen Regelungen für die Rürup-Rente, die mit Steuervorteilen zusammen hänge und durch die sich die Rürup-Rente von den meisten privaten Rentenverträgen unterscheide, die eine vorzeitige Auszahlungen ermöglichen. Wer sich für eine Rürup-Rente entschließe, habe für die Zukunft hingegen keine Flexibilität hinsichtlich des eingezahlten Kapitals. Dieses bleibe gebunden bis zum Rentenbeginn.
Befinde sich der Kunde bei Abschluss einer Rürup-Rentenversicherung in einer Situation, die durch die Beendigung eines Privatinsolvenzverfahrens und den Beginn einer Selbstständigkeit mit geringen Einkünften geprägt wird, erscheine es plausibel, dass der Kunde einen Vertrag über eine Rürup-Rente nicht abgeschlossen hätte, wenn er den Ausschluss einer vorzeitigen Rückzahlung des Kapitals gekannt hätte. Eine Rürup-Rente sei für einen Kunden ungeeignet, der bei Abschluss des Vertrages 41 Jahre alt sei und von dem der Vermittler wisse, dass er am Beginn einer Selbstständigkeit als Einzelunternehmer stehe und gerade erst ein Privatinsolvenzverfahren durchlaufen habe. Unter diesen Umständen sei die wirtschaftliche Situation des Kunden mit so vielen offenen Fragen für die Zukunft behaftet, dass eine private Rentenversicherung mit einer Festlegung auf 26 Jahre und ohne die Möglichkeit einer vorzeitigen Rückzahlung nicht zweckmäßig erscheine.
Die Umkehr der Beweislast
Ein Beratungsfehler führe zu einer Beweislastumkehr bei der Frage der Kausalität: Der Versicherer hafte für Pflichtverletzungen eines von ihm eingesetzten Vertreters gemäß § 278 BGB. Die Beratungspflichten des Versicherers gemäß § 6 Abs. 1 VVG entsprächen den Vermittlerpflichten gemäß § 61 Abs. 1 VVG. Aus den Pflichtverletzungen des Vertreters ergebe sich daher unmittelbar die Haftung des Versicherers gemäß § 6 Abs. 1, Abs. 5 VVG.
Die Frage, ob § 6 Abs. 1 VVG eine Unterschrift des Kunden unter der Beratungsdokumentation erfordert, damit sich der Versicherer auf die Dokumentation berufen kann, bedürfe keiner Klärung, wenn die Übermittlung der Dokumentation an den Kunden nicht nachgewiesen wird. Üblich und zweckmäßig sei es, die Dokumentation während des Beratungsvorgangs vom Vertreter auf Papier zu erstellen. Ebenso üblich sei es, dass die schriftliche Dokumentation im Beratungstermin vom Kunden unterschrieben werde, und dass anschließend Kunde und Vermittler ein Exemplar des unterzeichneten Formulars erhielten.
Die Entscheidung führt die bisherige Spruchpraxis konsequent fort und zeigt, dass Vermittler gut daran tun, sich die rechtzeitige Übermittlung der Beratungsdokumentation vom Kunden bestätigen zu lassen.
Jürgen Evers
Rechtsanwälte für Vertriebsrecht
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