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Erfolgreich beraten in einer Online-Welt - Teil 1
Erfolgreich beraten in einer Online-Welt - Teil 1
Für die Versicherungsbranche ist die rührige Online-Betriebsamkeit eine der neueren und durch Covid beschleunigten Herausforderungen. Wie verhält sich der Kunde auf der Suche nach Versicherungen, wenn online beinahe alles zu haben ist, und wie verhält sich der Versicherer, wenn das direkte Online-Geschäft Zukunft verheißt? Der Vermittler aber? Was bleibt übrig für ihn? Wenig, wenn der Kunde sich blindlings aufs Internet verlässt und seine Versicherungen im Direktzugriff abschließt, und wenig auch, wenn der Versicherer, dieser Tendenz folgend, potentielle Kunden schnell und einfach auf dem Online-Direktweg an sich zu binden sucht.
So scheint es, aber ganz so simpel liegt die Sache nicht und sollte sie auch nicht aufgefasst und ausgeübt werden. Vielleicht kommt dem Vermittler sogar neuerlich mehr Bedeutung zu.
Schauen wir zunächst auf den KUNDEN:
Wie umsichtig und kritisch oder wie gutgläubig und kurzschlüssig geht er auf seiner Suche nach einer Versicherung vor? Durchschaut er die Strategien, mit denen sich Online-Angebote im verführerischen Glanz ihrer Aufmachung präsentieren? Lässt er sich durch das betören, was der Vordergrund so reizvoll anpreist, oder fragt er auch nach den im Hintergrund versteckten Bedingungen? Reagiert er auf emotionale Lockrufe oder prüft er kritisch den Sachverhalt? Online-Angebote sind Kundenfänger. Auf den Webseiten der Versicherer wird es zwar sachlicher zugehen als auf den Webseiten irgendwelcher Zwischenhändler, aber suggestiv sind auch sie.
Wie geht es dem VERMITTLER in seinem Verhältnis zum KUNDEN?
In den meisten Fällen wird sich der Vermittler einem vor-informierten Kunden gegenübersehen. Bei allem, was wir planen und erwägen, schauen wir zunächst ins Internet. Um sinnvoll beratend mit dem Kunden ins Gespräch zu kommen, muss deutlich werden, welche Informationen er vorab eingezogen hat und inwieweit er zu einem offenen, kritisch prüfenden Gespräch darüber bereit ist.
Ohne Vertrauen geht das nicht. Der Kunde muss das Gefühl habe, sich nichts zu vergeben, wenn er über seine Vorstellungen spricht. Gute Beratungen haben schon immer damit begonnen, Vertrauen aufzubauen, und das gilt jetzt erst recht. Der neuere Kunde sucht nicht erst nach Informationen, sondern meint sie schon zu haben, muss sich ihnen stellen, muss sich dreinreden lassen und muss das Vertrauen haben, dass ihm nicht wieder einmal einfach etwas aufgeschwätzt wird. Er muss die Überzeugung gewinnen, dass ihm ein Horizont geöffnet wird, vor dem er die Verkürzungen, Einseitigkeiten und täuschenden Vorspiegelungen seiner mitgebrachten Vorstellungen erkennt und sie kritisch gegen andere, alternative Möglichkeiten abwägen kann. Konkrete neue Vorschläge können nur auf dieser Basis Erfolg haben. Sie müssen aus der Analyse dessen, was der Kunde mitbringt und was er tatsächlich braucht, hervorgehen. Vielleicht bedarf er in seiner persönlichen Situation auch nicht einer einzigen, sondern einer mehrfachen Versicherung.
Kurzum, die persönlich vermittelnde Beratung bleibt nach wie vor wichtig und gewinnt ihre besondere Bedeutung in der Assistenz für den Kunden, mit seinen Online-Vorinformationen kritisch evaluierend umzugehen. Das setzt freilich voraus, dass der Vermittler im Bilde sein muss über das, was im Internet angeboten und wie es angeboten wird. Nur so kann er auf den selbstbewussten Kunden Eindruck machen, sich rechtfertigen und ihn sachgemäß beraten.
Wie geht es dem VERMITTLER in seinem Verhältnis zum VERSICHERER?
Soweit der Vermittler für einen oder mehrere Versicherer auftritt, ist er an das gebunden, was sie ihm als Spielraum einräumen: Wann und wie wird er in das Versicherungsgeschäft einbezogen? Wird das auch im Internet für den suchenden Kunden sichtbar und interessant? Wieweit hat die Digitalisierung das Geschäft formalisiert und schematisiert und muss sich auch die mündliche Unterhandlung an diese Muster und Schablonen anpassen? Wirken sie einengend? Ist sich der Versicherer in der veränderten Situation noch ausreichend der Bedeutung seiner Vermittler und ihrer persönlichen Beratungen bewusst und bringt er das auf seinen Webseiten auch überzeugend zum Ausdruck? Macht er für bestimmte Unterhandlungen den Beitrag mündlicher Vermittlung nach wie vor zur Bedingung? Bleibt auch die Kundenbetreuung des Vermittlers erhalten?
In der sich schnell entwickelnden und verändernden Online-Welt ist ein darauf abgestimmtes Verhältnis zwischen Versicherer und Vermittler die Basis, von der aus dieser arbeiten kann, und die Voraussetzung dafür, dass der Versicherer nach außen adäquat vertreten wird. Je mehr die Veränderungen das Verhältnis beider beeinflussen, müssen sie ihr Verhältnis evaluieren und neu konzipieren. Gegebenenfalls wird sich der Vermittler veranlasst sehen oder wird ihm nahegelegt, sich nach anderen Partnern umzuschauen. “Vermittlerkompass“ kann dabei gute Dienste leisten.
Vermittlerkompass
E-Mail: info@vermittlerkompass.de
Was verspricht das Online-Geschäft?
Was verspricht das Online-Geschäft?
So steht es um die Arbeit der Versicherungsvermittler
Wie hat sich die Arbeit des Versicherungsvermittlers in den vergangenen 24 Monaten verändert? Was verspricht das Online-Geschäft? Der Status Quo birgt Licht, aber auch Schatten.
Lange war der Versicherungsvermittler den klassischen Vertrieb gewohnt: Wochentags stieg er in seinen Dienstwagen, fuhr durch Städte, passierte Dörfer, traf seine Klienten in Wintergärten und Wohnzimmern. Das Geschäft lebte vom persönlichen Kontakt, von Handschlägen und Schulterklopfern, von Verbindlichkeit.
Auf die Corona-Pandemie war der Vermittler nicht vorbereitet. Um seine Chance zu wahren, musste sich sein Geschäft in kürzester Zeit ins Internet verlagern. Für viele Kollegen ein Schlag in die Magengrube: Mit dem Kunden über staubige Computerbildschirme sprechen, vielleicht sogar aus dunklen, stickigen Büros heraus? Manch einer wählte den Beruf des Versicherungsvermittlers, um genau das zu vermeiden. Wo sollte das Miteinander bleiben, wo die Menschlichkeit?
Das Online-Geschäft floriert
Seitdem ist viel passiert: Gesellschaften und Vermittler wurden kreativ, nahmen die Situation an, digitalisierten den Vertrieb. Man darf ihnen, so viel steht fest, ein gutes Zeugnis ausstellen für die vergangenen 24 Monate. Immer mehr Kunden schließen ihre Versicherungsverträge online ab oder lassen sich im Netz beraten – über Zoom, Skype oder Microsoft Teams.
09.03.2022
Vor zwei Jahren gaben in einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom 46 Prozent der Befragten an, online mindestens einen Versicherungsvertrag abgeschlossen zu haben. Der Anteil bei den Teilnehmern unter 64 Jahren lag sogar bei 57 Prozent. Gut laufen im Netz demnach vor allem Reiserücktrittsversicherungen (34 Prozent), KfZ- Versicherungen (32 Prozent) und Rechtsschutzversicherungen (25 Prozent).
Fragt man den Auschließlichkeitsvermittler einer großen Versicherungsgesellschaft, bestätigt er diesen Eindruck bereitwillig: Der digitale Vertrieb laufe hervorragend. Man stünde besser da als man es sich vor zwei Jahren erträumt hatte.
Digitalisierung gut, alles gut?
Doch für Versicherungsvermittler birgt die Digitalisierung nicht nur Licht, sondern auch Schatten. Einige Gesellschaften nutzen die Gunst der Stunde, sich ihres Außendienstes zu entledigen: Im Geschäft der Direktversicherungen und Self- Service-Portale haben Makler und Berater keinen Platz.
Das Problem der Vermittler ist, dass die Gesellschaften selbst in der Servicewüste gute Geschäfte machen. 2020 lag die Summe der abgeschlossenen Direktversicherungen in Deutschland bereits bei rund 8,5 Millionen. So sind die großen Gewinner der Digitalisierung die Gesellschaften – nicht die Vermittler.
Man könnte aber behaupten, dass letztlich auch die Vermittler von der Blüte des Online-Geschäfts profitieren. Geht es einer Gesellschaft gut, sucht sie die Expansion, beschäftigt mehr Makler und bezahlt diese gut.
Darum ist der digitale Vertrieb so erfolgreich
Warum läuft es im Netz so gut? Nun, der digitale Vertrieb bietet Vorzüge: Der Kunde schätzt den schnellen, unkomplizierten, bequemen Online-Abschluss. Ihm gefallen die Vergleichsportale – 40,9 Prozent der Befragten einer PwC-Studie gaben 2021 an, Vergleichsportale wie Check24 oder Verivox zu besuchen, um sich über Versicherungsprodukte zu informieren. Entscheidend ist dabei die unparteiische Übersicht über Preise und Leistungen. Ein Service, der bei Vermittlern selten
gegeben ist, da sie an eine oder wenige Gesellschaften gebunden sind. Durch Verlgeichsportale kann sich der Kunde unabhängig – und ohne Druck – über das Versicherungsangebot informieren.
Besonders der Preisfaktor sollte im Online-Geschäft nicht unterschätzt werden. Im Gegenteil. Der Verbraucher möchte durch einen Online-Abschluss Geld sparen. 2016 gaben in einer Studie der Gesellschaft deutscher Versicherer (GdV) und des Marktforschungsunternehmens GfK 43 Prozent aller Befragten an, dass ihr wichtigstes Kriterium für einen Neuabschluss im Netz „Geld sparen“ sei. Viele Kunden haben das Gefühl, online die besseren Angebote zu erhalten.
Klienten freunden sich mit Online-Beratung an
Wie steht es um die Akzeptanz von Versicherungsvermittlern, die online beraten? Vor wenigen Jahren war es noch so, dass die Online-Beratung kaum in Anspruch genommen wurde. Grundsätzlich konnten sich jedoch viele Leute vorstellen, sie auszuprobieren. Mittlerweile hat sich das Beratungsgeschäft im Internet kräftig entwickelt – die Online-Beratung gehört inzwischen zur vielbemühten „neuen Normalität“, Gesellschaften und Vermittler machen gute Geschäfte.
Die Unternehmensberatung Ernst & Young fand 2021 heraus: Sieben von zehn Kunden schätzen die Online-Beratung genau so sehr wie die klassische Beratung.
40 Prozent der Teilnehmer der EY-Studie im Alter von 18 bis 39 Jahren bekräftigten sogar, dass sich ihre Einstellung gegenüber der Online-Beratung verbessert habe. Auch 23 Prozent der über 40-Jährigen waren dieser Meinung.
Wohin geht die Reise?
Summa sumarum könnte man sagen: Die Versicherungsbranche gewinnt im Digitalen an festem Stand. Produkt und Beratung finden im Netz regen Anklang. Das Geschäft strafft sich und verliert an Komplexität. Das ist eine Win-Win-Situation: Für den Kunden ist das Online-Geschäft bequem – und die Branche blüht auf, weil sie einfacher an Kundschaft gelangt.
Aber: Das Online-Geschäft vor allem für die Gesellschaften ein Schmaus. Zwar profitieren auch die Vermittler vom Aufschwung. Doch nicht immer. Direktversicherungen und Self-Servive-Portale bedrohen seinen Berufsstand. Wohin die Reise geht, ist noch nicht abzusehen.
Nichtsdestrotz sollten Vermittler selbstbewusst auftreten: Das Geschäft der Direktversicherer und Self-Service-Websiten läuft zwar gut. Jedoch vor allem bei einfachen Versicherungsprodukten. Die komplexen, gewichtigen Angebote bedürfen nach wie vor der professionellen Beratung. Hier ist der Vermittler unersetzlich.
Und eines ist sicher: Guter, persönlicher Service gerät nie aus der Mode.
Jannik Wilk