Wenn der Vermittler den Versicherer wechseln will - Teil 1


Die Unzufriedenheit der Einfirmenvertreter mit ihrem Vertragspartner schwankt von Versicherer zu Versicherer, ist aber tendenziell steigend. Berücksichtigt man in dieser Vertriebsgruppe die Altersstruktur (rund ein Drittel der Vermittler sind 55 Jahre und älter), kann angenommen werden, dass sich die Wechselbereitschaft eher auf die anderen Altersgruppen verteilt. Das würde aktuell bedeuten, dass sich ca. 18,9% der Einfirmenvertreter (unter 55 Jahre) hin und wieder mit der Frage „Sollte ich den Vertragspartner wechseln?“ beschäftigen. In unserem Beratungsalltag
spiegelt sich diese Tendenz in den Anfragen und Diskussionen auf den Veranstaltungen wieder.  

Die Ursachen waren früher einfacher Natur und leicht überschaubar. In der Regel ging es um höhere Bestände oder um höhere Provisionen. Heute hat sich die Situation grundlegend verändert.

Erfolgreiche Vermittlerbetriebe kommen immer weniger mit den zahlreichen Veränderungen klar. Da ihre Vertragspartner vollkommen andere Geschäftspraktiken, als gewohnt, an den Tag legen, ist ein kontinuierliches Arbeiten schwer möglich. Der Betreuungs- und Unterstützungsapparat wird immer mehr ausgedünnt; von der Qualität ganz zu schweigen. Die Erreichbarkeit des Innendienstes ist für Kunden und Vermittler oftmals zum Hindernislauf geworden. Viele Versicherer verlagern Tätigkeiten in die Agenturen, die sie früher einmal selbst geleistet haben. Der Druck auf die Provisionen und Kosten nimmt zu. Zunehmend steigen die Anforderungen an die Produktionserwartungen, obwohl der 23. Februar 2018 (IDD) hier eine Veränderung bei den Vertragspartnern hätte erwarten lassen können.


Wie kann ich mich als Vermittler aus dieser Situation befreien?

Schnell liegen vermeintliche Antworten auf dem Tisch. Ist die erstbeste Variante aber auch die
richtige Lösung für mein Unternehmen? Nein, sollte – dem Vorsichtsprinzip folgend – die Antwort für meinen Vermittlerbetrieb lauten. Der zielführende Ansatz liegt in einer sorgfältigen Bestandsaufnahme und der gründlichen Überprüfung der Möglichkeiten im Markt. Der Wechsel zu einem anderen Versicherer ist die eine Alternative. Der Wechsel vom Ausschließlichkeitsvertreter zum Makler ist die andere Alternative. Beide Möglichkeiten bieten ihre spezifischen Vorteile, haben aber auch ihre Nachteile. Deshalb ist eine genaue Überprüfung und Abwägung der Vor- und Nachteile das Gebot der Stunde. 

Obwohl nur knapp ein Viertel der wechselbereiten Einfirmenvertreter innerhalb des Vertriebs- weges wechseln wollen, beschäftigen wir uns in diesem Teil aus guten Grund zunächst mit der ersten Alternative. 

Die alles entscheidende Frage lässt sich kaum rational beantworten. Nämlich die Frage: „Komme ich mit meinem Wechsel nicht vom Regen in die Traufe“. Wenn nicht vielleicht morgen, dann übermorgen oder noch später. Deshalb braucht es viele Annahmen und Analysen. Die ersten Fragen müssen lauten:

  • Passen meine Kunden und deren Bedarfe zum möglichen Vertriebspartner?
  • Wird die Unterstützung durch den Innen- und Außendienst unseren Anforderungen gerecht?
  • Welche Möglichkeiten bietet der potentielle Vertragspartner, um unsere anfänglichen Kunden- und Bestandsverluste wieder aufzufangen?
  • Können wir mit unseren gewohnten Beratungs- und Betreuungsprozessen die Herausforderungen meistern?
  • Welche Perspektiven bieten sich meinem Vermittlerbetrieb zum Status quo?  


Der zweite Fragenkatalog muss Klarheit darüber schaffen, was ich denn dem künftigen Vertragspartner bieten kann:

  • Wie sind die Schadensquoten der letzten drei bis fünf Jahre?
  • Seit wann betreue ich den Kundenbestand?  
  • Wieviel Prozent meiner Kunden sind Ein-, Zwei-, Drei-, Vier- und Mehrvertragskunden?
  • Wie ist die Infrastruktur meines Unternehmens und die Qualität meines Personals?
  • Wieviel Prozent meines Kompositbestandes werde ich innerhalb der nächsten drei Jahre umdecken können?


Wie den richtigen Versicherer finden?

Wenn ich zu den vorherigen Fragen die Antworten kenne, kann ich den nächsten Schritt machen und den Markt sondieren. Allerdings ist dieser nicht sehr groß. Haben sich doch etliche Versicherer im Thema Umdeckermodell „blutige Nasen“ geholt. Überwiegend aus eigener Inkompetenz, weil dies nicht richtig und professionell angegangen wurde. Es gibt aber noch ca. acht bis zehn Versicherer (je nach Sichtweise), die eine große Erfahrung in der Vergangenheit aufgebaut haben. Bei diesen kann man sicher sein, dass dies auch noch heute zielgerichtet praktiziert wird.

Nun stellt sich die Frage, wie diese ansprechen und dies möglichst diskret. Ehemalige Kollegen zu befragen ist eine Möglichkeit. Hat aber im Sinn der Vertraulichkeit auch seine Gefahren. Die direkte Ansprache ist mangels Kenntnis der möglichen Ansprechpartner auch problematisch. Die relevanten Versicherer können aber von sich aus nicht übermäßig aktiv werden, sondern müssen die Initiativen der wechselbereiten Vermittler abwarten.

Eine in anderen Marktsegmenten praktizierte Maßnahme zur „Partnersuche“ ist die Einschaltung eines unabhängigen Beraters, der alle Möglichkeiten im Markt aus eigener Erfahrung kennt. Dieser kann nicht nur im Vorfeld zur Lösung der oben beschriebenen Aufgaben beitragen, sondern auch diskret den Markt sondieren.

Macht dieser seine Aufgaben gemäß dem Berufsethos der Unternehmensberater professionell, so wird er auch schon parallel mit den wechselbereiten Vermittlern die Alternativen anderer Vertriebswege im Vorfeld prüfen. Mit den Chancen und Risiken vom Einfirmenvertreter zum Makler bzw. Mehrfachagenten werden wir uns in Teil 2 auseinandersetzen.